Anspruch des Planers Auf Teilabnahme nach Leistungsphase 8

Anspruch des Planers auf Teilabnahme nach Leistungsphase 8

Planer haben sich mit dem Thema Abnahme ihrer Leistung immer sehr schwergetan und tun dies bis heute. Hinzu kam, dass das Werkvertragsrecht bis zur Bauvertragsreform, in Kraft ge­tre­ten am 01.01.2018, keinen Teilabnahmeanspruch des Planers, sondern nur einen (Gesamt-) Ab­nah­me­an­spruch des Werkunternehmers (des Planers) kannte, wenn die dem Planer be­auf­trag­ten Leistungen insgesamt abnahmereif fertiggestellt waren (§ 640 Abs. 1 Satz 1 BGB). In den Fällen, in denen der Planer die von ihm vertraglich geschuldete Leistungspflicht unter Be­zug­nah­me auf die Leistungsphasen der HOAI vereinbarte, ergab sich - von dem Planer ei­gent­lich ungewollt - eine ganz erhebliche faktische Verlängerung der vom Auftraggeber in Anspruch zu nehmenden Gewährleistungsfrist.

Autor: Thomas Herrig, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Hat der Planer im Bereich der Objektplanung einen Auftrag mit allen Leistungsphasen des § 34 Abs. 3 HOAI oder der TGA-Planer einen Auftrag mit allen Leistungsphasen des § 55 Abs. 1 HO­AI übernommen und sind keine vertraglichen Vorkehrungen (Vereinbarung einer Teil­ab­nah­me) getroffen worden, kommt nach einer grundlegenden Entscheidung des Bun­des­ge­richts­ho­fes (BGH) eine konkludente Abnahme der Planerleistung vor der Vollendung aller Teil­lei­stun­gen der Objektbetreuung (Leistungsphase 9) grundsätzlich nicht in Betracht (BGH, Urteile Az.: VII ZR 26/12 und VII ZR 168/15). Gemäß Rechtsprechung des BGH ist die Objektbetreuung erst dann vollendet, wenn die Mängelverjährungsfrist gegenüber den ausführenden Un­ter­neh­men abgelaufen ist, für die der Planer entsprechende Planungsleistungen erbracht hat (BGH, Ur­tei­le Az.: VII ZR 155/04). Ist die vom Planer im Rahmen des Vertrages geschuldete Ob­jekt­be­treu­ung noch nicht vollendet, ändert auch der Umstand - wie viele Planer glaubten -, dass der Auftraggeber eine vermeintliche Schlussrechnung nach Fertigstellung des Bauwerkes be­zahlt hat, nichts daran, dass es nach wie vor an einer abnahmefähigen Leistung des Planers fehlt. Schlussrechnungszahlung reicht also für die Annahme einer konkludenten Abnahme in diesem Fall nicht aus (BGH, a.a.O.).

Mithin konnte der Planer bei einer derartigen Vertragskonstellation also frühestens die Ab­nah­me seiner eigenen Leistungen nach Ablauf der Gewährleistungsfrist der ausführenden Un­ter­neh­men von seinem Auftraggeber verlangen.

Es konnte also je nachdem, ob der Auftraggeber mit den ausführenden Firmen die VOB/B ver­ein­bart hat oder allgemeines Werkvertragsrecht galt, bis zu 5 Jahre nach Fertigstellung des Bau­wer­kes oder der technischen Gebäudeausrüstung dauern, bis der Planer von seinem ei­ge­nen Auftraggeber eine Abnahme der von ihm geschuldeten Werkleistung (Planung, Über­wa­chung, Betreuung) verlangen konnte. Im Hinblick auf die Leistungsphasen 1 bis 8 hat das rech­ne­risch dann zu einer Verjährungsfrist von bis zu 10 Jahren für diese Leistungen geführt. Die­ser langen Verjährungsfrist konnten die Parteien in der Vergangenheit - dies sollten sie aber auch in Zukunft weiter tun - durch eine sinnvolle Vertragsgestaltung begegnen.

3 Optionen für eine sinnvolle Vertragsgestaltung Um langen Verjährungsfristen wirksam zu begegnen

Option 1: Der Planer kann davon absehen, sich vom Auftraggeber mit Phase 9 des § 34 Abs. 3 bzw. § 55 Abs. 1 HOAI beauftragen zu lassen. Die vertragliche Leistungspflicht des Planers endet dann mit der Bauüberwachung und ist dann - auch konkludent - abnahmefähig.

Option 2: Ein ebensolches Ergebnis kann man erzielen, wenn man getrennte Verträge über die Lei­stungs­pha­sen 1 bis 8 und die Leistungsphase 9 mit dem Auftraggeber abschließt.

Option 3: Schließlich können die Vertragsparteien auch festlegen, dass der Auftraggeber nach Abschluss der Leistungsphase 8 verpflichtet sein soll, die bisher vom Planer erbrachten Leistungen ab­zu­neh­men. Eine solche Regelung kann auch in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Pla­ners enthalten sein.

Allerdings waren alle drei Gestaltungsarten in der Praxis vom Planer gegenüber seinem Auf­trag­ge­ber nur sehr schwer deshalb durchzusetzen, weil sich der Auftraggeber mit der relativ gering ver­gü­te­ten Leistungsphase 9 den für ihn erheblichen Vorteil der Verlängerung der Ver­jäh­rungs­frist für die Leistungsphasen 1 bis 8 erkauft hat.

Neues Bauvertragsrecht bringt Vorteile für den Planer Wie sieht die Praxis aus?

Genau zu diesem Thema hat die zum 01.01.2018 in Kraft getretene Reform des Bau­ver­trags­rechts eine für den Planer vorteilhafte Neuerung gebracht. Das neue Architekten- und In­ge­nieur­ver­trags­recht sieht nunmehr in § 650s BGB erstmals einen gesetzlichen Anspruch auf Teil­ab­nah­me zugunsten des Planers vor. Damit kommt es künftig nicht mehr darauf an, ob es dem Planer gelingt, eine der obigen drei Alternativen zur zeitlichen Begrenzung der Ge­währ­lei­stungs­frist gegenüber dem Auftraggeber durchzusetzen. Er hat jetzt einen gesetzlich ge­re­gel­ten Anspruch auf Teilabnahme, der keiner vertraglichen Festlegung bedarf. Interessant ist die Be­grün­dung des Gesetzgebers für diese Neuregelung. Erklärtes Ziel war es, dass “die Ver­jäh­rungs­fri­sten von bauausführendem Unternehmer und Architekten und Ingenieuren für ihre bis zur Bauabnahme erbrachten Leistungen nahezu parallel laufen und der Planer nach einer In­an­spruch­nah­me noch die Möglichkeit hat, auf dem bauausführenden Unternehmer zu­rück­zu­grei­fen“ (BT-Drucksache Drs18/8486, Seite 70). Allerdings ist die vom Gesetzgeber festgelegte Re­ge­lung in der Praxis nicht ganz einfach zu handhaben. Schließlich besteht der Teil­ab­nah­me­an­spruch, abweichend von der oben dargestellten Vertragspraxis, nicht erst nach Beendigung der Leistungsphase 8, sondern bereits dann, wenn die (letzte) Bauleistung, für die der Planer ent­spre­chen­de Planungsleistungen erbracht hat, vom Auftraggeber abgenommen worden ist. Bau­lei­stung bedeutet hier Leistungen der ausführenden Gewerke. In der Regel sind aber zu die­sem Zeitpunkt noch wesentliche Grundleistungen der Leistungsphase 8 wie Kostenkontrolle und Schlussrechnungsprüfung sowie Überwachung der Beseitigung der bei der Abnahme fest­ge­stell­ten Mängel vom Planer zu erbringen. Für den Auftraggeber entsteht dann das Problem, dass der Teilabnahmeanspruch sozusagen mitten in der Leistungsphase 8 entsteht.

Für den Planer kann die Durchsetzung des Teilabnahmeanspruches deshalb kompliziert wer­den, weil er nicht einfach eine Teilabnahme nach Leistungsphase 8 verlangen kann, sondern zu dieser Leistungsphase dann genau darstellen muss, welche Leistungen er bereits ab­nah­me­fä­hig erbracht hat, für die die Teilabnahme in diesem Bereich gefordert wird. Außerdem kann das zu der unliebsamen Folge führen, dass bestimmte, bereits im Zuge der Teilabnahme ab­ge­nom­me­ne Grundleistungen der Leistungsphase 8 einer anderen Verjährungsfrist unterliegen, als die Grundleistungen der Leistungsphase 8, die erst mit der Gesamtabnahme nach Erfüllung der Leistungsphase 9 endgültig abgenommen werden.

Letzte Abnahme der Ausführungsleistung 

In der juristischen Fachliteratur ist der vom Gesetzgeber gewählte Wortlaut kritisiert und für un­prä­zi­se gehalten worden. In diesem Zusammenhang hat sich dann die Frage gestellt, ob der Ge­setz­ge­ber eine Vielzahl von Teilabnahmen oder vielmehr nur eine einzige vorgesehen hat. Im Ergebnis ist man dann zu dem Schluss gekommen, dass auch bei mehreren, vom Planer be­plan­ten Gewerken der Anspruch auf Teilabnahme durch den Planer erst dann entsteht, wenn die letzte Bauausführungsleistung der ausführenden Gewerke vom Auftraggeber ab­ge­nom­men wurde.

Macht der Planer also von seinem Recht auf Teilabnahme Gebrauch, wird der mit der Ab­nah­me verbundene Aufwand auf zwei Zeitpunkte verteilt: Es sind zunächst die bis zum Abschluss der Bauausführung erbrachten Leistungen des Planers und später die danach erbrachten Lei­stun­gen abzunehmen (vgl. dazu Kuhn, ZfBR 2017, 213). Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass eine sukzessive Abnahme nach Abschluss der jeweiligen Teilleistung bei gewerkeweiser Ver­ga­be nicht gewollt war (vgl. Kuhn, a.a.O.; Kniffka, BauR 2017, 1846, 1875).

Für den TGA-Planer bedeutet das folgendes: Wird ein eigenständiger Vertrag mit einem In­ge­ni­eur zur Erbringung von Leistungen aus dem Leistungsbild TGA abgeschlossen, kann dieser ei­ne Teilabnahme seiner Leistungen verlangen, wenn die Ausführungsleistungen im Hinblick auf diejenigen Anlagengruppen aus § 53 HOAI, die auch Gegenstand des Ingenieurvertrages sind, ausgeführt und vom Auftraggeber abgenommen worden sind (vgl. Kniffka, a.a.O.).

Welche Abnahmeformen (des Auftraggebers) lösen den Teilabnahmeanspruch des Planers aus? 

Hier ist nun zu klären, welche Formen der vom Auftraggeber durchzuführenden Abnahme zu dem Teilabnahmeanspruch des Planers führen.

Praxishinweis 

Planer sollten sich in Zukunft verstärkt mit dem Thema Abnahme der Ihnen in Auftrag ge­ge­be­nen Leistungen befassen. Dabei sollten Sie insbesondere auf das Recht der Teilabnahme ach­ten. Entweder sie sehen zu diesem Punkt eine sinnvolle Vertragsgestaltung vor, wie er unter den Ziffern 1 bis 3 vorgeschlagen worden ist oder aber sie berücksichtigen zumindest die ge­setz­li­che Regelung in § 650s BGB, der ihnen ein unentziehbares Recht auf Teilabnahme gegenüber dem Auftraggeber einräumt.. Macht der Planer von seinem gesetzlichen Recht auf Teil­ab­nah­me Gebrauch, sollte er aber auch beachten, dass dieses Recht voraussichtlich im Rah­men der Erbringung der Grundleistungen aus Leistungsphase 8 entsteht.

Eine wirksame Teilabnahmeaufforderung setzt dann voraus, dass die erbrachten Leistungen der Leistungsphase 8 in der Abnahmeaufforderung ausgewiesen sind.

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