Malen in wilder Polarlandschaft Eine Künstler*innen-Residenz im arktischen Norden
Inspiriert von ungebändigter Natur und außergewöhnlicher Architektur - Künstler Casey McKee verbrachte drei Wochen in der Abgeschiedenheit einer norwegischen Insel.
Ein Gastbeitrag von Jörg Heikhaus aka Alex Diamond
„Der Blick aus dem Atelier ist erfüllt vom Meer und dem Himmel, der sich im Laufe des Tages ständig verändert. Ich genieße die Einsamkeit und Stille dieses Ortes und werde wahrscheinlich nicht alles, was ich aus dieser Erfahrung gewonnen habe, verarbeiten können, bis ich wieder zu Hause bin.“
So spricht der amerikanische Maler und Fotograf Casey McKee über seine „Artist Residency“, seine Künstler*innen-Residenz auf der Insel Sørvær im hohen Norden Norwegens, an einem ganz besonderen Ort: dem Arctic Hideaway. Hier trifft schroffe, ungebändigte Natur auf außergewöhnliche Architektur, es ist ein Ort, der für Künstler*innen Rückzugsort und Inspiration zugleich ist.
Casey McKee hat hier drei Wochen verbracht, um zu fotografieren und zu malen. In erster Linie kam er, um ungestört neue Eindrücke gewinnen zu können, die er in seine künstlerische Arbeit einfließen lassen kann. Dafür sind sogenannte Residenzen gedacht, also zeitlich begrenzte Aufenthalte an einem besonderen Ort, damit Künstler*innen ihr eigenes Atelier verlassen und woanders unter veränderten Bedingungen praktisch arbeiten können. Die meisten dieser Residenzen werden vergeben wie Stipendien, man muss sich bewerben oder wird ausgesucht, es gibt staatliche geförderte Programme, doch häufig sind es auch Privatpersonen, die diese Angebote schaffen.
Casey war bereits in Miami, in der Fountainhead Residency des Sammler*innen-Ehepaares Katherine und Dan Mikesell, die auf ihrem Grundstück ein eigenes Haus für die Bedürfnisse von jeweils zwei zeitgleich dort lebenden und arbeitenden Künstler*innen bereitstellen. „In Miami war ich von vielen anderen Kreativen umgeben und Kathryn und Dan sind in der dortigen Kunstszene sehr engagiert, so dass fast jeden Abend eine Vernissage oder eine Party stattfand. Das war wirklich lustig, aber ein bisschen chaotisch.“
Ganz anders ist es im Arctic Hideaway, einem einsamen und entlegenen Ort, den der norwegische Musiker Håvard Lund geschaffen hat. Auf einer der rund 300 Inseln des Fleinvær-Archipels, einer Inselgruppe in der kalten Polarlandschaft vor der Westküste der Hafenstadt Bodø, gibt es keine Geschäfte, keine Autos - und natürlich auch kein Nachtleben. Man erreicht die Insel nur mit dem Boot. Aber auch in dieser Ruhe und Abgeschiedenheit bringt Lund unterschiedliche Kreative zusammen: „Ich versuche, die Aufenthalte zu kuratieren, so dass sie zu interdisziplinärem Austausch führen.“
Das Arctic Hideaway ist dabei aufgebaut wie ein kleines Dorf, bestehend aus derzeit zehn einzelnen kleinen Gebäuden, von dem jedes eine unterschiedliche Funktion hat. „Die Architektur zwingt die Gäste jedes Mal rauszugehen: man isst in einem Haus, schläft im zweiten, duscht im dritten, und so weiter…“, erklärt Lund. Allein dadurch ist man viel an der frischen Luft und in Bewegung. „Die Natur hier ist ehrlich und rau, sie hilft dabei, die Sinne zurückzusetzen.“
Das hat auch McKee so erlebt: „In Miami musste ich mich manchmal bewusst zurückziehen, um mich auch mal auf die Malerei zu konzentrieren. Hier auf dieser ruhigen und abgelegenen Insel in Norwegen ist die Erfahrung so entgegengesetzt, wie sie nur sein kann. Die Natur ist hier sehr dominant und beeindruckend, aber auch die Architektur ist sehr imposant und spielt wiederum eine wichtige Rolle dabei, wie ich die Natur erlebe.“
Ihn als Künstler bringen diese unterschiedlichen Erfahrungen der Residenz-Aufenthalte weiter, auch wenn er bereits seit vielen Jahren von seiner Kunst leben kann und etabliert ist. „Ich denke, dass Residenzen das Potenzial haben, sehr tiefgreifend zu sein. Man hat die Möglichkeit, in einem völlig anderen Umfeld zu arbeiten, was unweigerlich dazu führt, dass man die eigene Arbeit und den eigenen Prozess anders sieht. Und das gilt für Künstler in jeder Phase ihrer Karriere.“
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